Meine persönliche Geschichte.
Hattest du schon mal das Gefühl, in ein dich lähmendes, graues, alles positive verschluckendes Loch zu fallen?
Wahrscheinlich kennt jeder solche Situationen: Man fühlt sich einen Moment lang einfach vollkommen machtlos, traurig, überwältigt von einer scheinbar belanglosen Sache. Dies beschreibt den Zustand ganz gut, in dem man mich vielleicht häufiger anzutreffen erwarten würde. Mein Alltag ist seit Kindesalter geprägt von Schmerzen, Sorgen um die einfachsten Dinge, besonders Sorgen um die Gesundheit meiner Liebsten und meiner eigenen in der Zukunft. Ich habe eine sehr seltene und unerforschte Multisystemerkrankung (Mitochondriopathie mit MELAS-Syndrom), die mir nach außen hin kaum anzusehen ist. Es ist nicht so offensichtlich, wie als säße ich im Rollstuhl oder hätte einen Blindenstock, doch trotzdem, zumindest in Teilen meines Lebens, ähnlich einschränkend. Sicher gibt es im Leben jedes Menschen, insbesondere denen mit einer körperlichen oder psychischen Einschränkung, oft, wenn nicht zu oft, schattige Momente. Dadurch, dass andere meine Einschränkungen allerdings nicht wahrnehmen können und leider immer wieder auch nicht glauben, wenn ich davon berichte, wäre es nicht verwunderlich, wenn auf meinem Leben bildlich gesprochen, der Schatten dieser Krankheit läge und mir meine Lebensfreunde rauben würde. Dem ist aber nicht so.
Im Laufe meiner Kindheit und Jugend habe ich gelernt mit meinen Einschränkungen und den Reaktionen Anderer umzugehen. Ich habe als Kleinkind kaum einen Tag ohne Erbrechen, Schwächeanfällen und teils gefährlicher anderer Symptome verbracht und kein*e Arzt bzw. Ärztin konnte mir wirklich helfen. Doch dank meiner Familie habe ich eine unfassbar positive Art entwickelt, die mich durchs Leben trägt.
Dieser Optimismus – ich könnte nicht sagen ob angeboren, erlernt oder irgendetwas anderes – ist so stark, dass ich den Großteil meines bisherigen Lebens meine Krankheit kaum wahrgenommen habe. Doch in einem bin ich mir sicher: einen großen Teil davon habe ich meiner Familie, besonders meiner ebenfalls betroffenen Mutter zu verdanken. Natürlich habe ich alles aus meiner kindlichen Sicht gesehen und die Welt war normal für mich, so wie ich sie kannte. Erst im Nachhinein fallen mir all die Kleinigkeiten auf, die sich bei mir im Vergleich zu anderen unterschieden haben und sich immer mehr anhäuften. Mittlerweile fällt es mir leider schwerer die Symptome der Krankheit nicht wahrzunehmen, doch die schönen Dinge, die mir alltäglich passieren und zu denen ich in der Lage bin, überwiegen.
Natürlich gibt es auch Schattenmomente. Momente, in denen mir bewusst wird, dass ich anders bin. In denen ich z. B. in meinem Krankenhausbett liege und merke, dass ich mich schwächer fühle als es bei gesunden Menschen der Fall wäre. Momente, die für mich potenziell sehr gefährlich sind und mir selbst die Pflegekraft nicht glaubt. Momente, in denen ich nicht die medizinische Behandlung erhalte, die ich dringend bräuchte, weil niemand sich besser mit dieser Krankheit auskennt als die Betroffenen selbst. Und zu diesen Betroffenen gehöre ich.
Doch sobald ich mich besser fühle, wird die Welt wieder viel bunter. Der Schatten weicht, trotz meines angeschlagenen Zustands sind meine Gedanken wieder lichtdurchtränkt mit Lachen und Scherzen, mich liebenden Personen und dem festen Glauben, dass schon alles seinen Weg gehen wird.
Auch wenn ich regelmäßig mit schwierigen Situationen zu kämpfen habe, möglicherweise sogar häufiger als andere Menschen meines Alters und es in dem einen Moment niemanden gibt, der mich verstehen oder mir helfen kann, so kommt es auf meine innere Einstellung an. Ich habe gelernt, die Dinge positiv zu sehen, meinen Weg zu gehen und mir von Nichts und Niemandem das Licht in meinem Leben nehmen zu lassen. Und vielleicht hilft dieser Gedanke irgendwem da draußen, der*die sich vielleicht gerade genauso fühlt oder sich in einer vergleichbaren Lage befindet, die ihm*ihr das Licht nimmt.
— Laura Dix