Schwerpunkt

Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Im Schatten des Image-Schadens

Schauen wir dieser Tage auf die Musikindustrie, werden wir schnell mit Machtgefällen und -missbrauch konfrontiert. Dabei fallen die Reaktionen der Fans auf Vorwürfe ganz unterschiedlich aus – von Victim-Blaming bis hin zum Abwenden von ehemaligen Lieblingskünstler*innen.

Ich habe neulich in einem Kommentar zum Thema gelesen, dass Künstler*innen, die moralische Werte vertreten nach Bekanntwerden von Vorwürfen tiefer fallen als Künstler*innen, die sprachlich ohnehin schon lange (sexualisierte) Gewalt reproduzieren. Das macht sich besonders in den Fällen Lizzo und Anti-Flag vs. Rammstein bemerkbar: Lizzo, die menschlich und musikalisch als mehrfach diskriminierte Künstlerin für Selbstliebe und Antidiskriminierung einsteht, Anti-Flag, die sich als Punk-Größe schon immer in ihren Texten und Auftritten antifaschistisch und gegen Sexismus ausgesprochen haben und Rammstein, die seit jeher Texte singen, die von Gewalt handeln.

So oder so, Künstler*innen wissen grundsätzlich um das Machtgefälle zwischen ihnen und Fans bzw. Mitarbeiter*innen. Dem kommt eine entsprechende Verantwortung zu: Ich muss mir über die Macht, die ich problemlos über Menschen ausüben kann, bewusstwerden und sensibel handeln. Übergriffe und Gewalt sind in jedem Fall zu verurteilen, egal wie hoch die Fallhöhe des Image-Schadens ist. Spürbar bleibt jedoch, dass die Vorwürfe gegen Till Lindemann zwar wenig überraschend kamen, die Fanbase jedoch kaum reagiert hat oder geschrumpft ist, während sich große Teile von Lizzo und Anti-Flag entfernen und gegen sie wenden.

Ein Kommentar von Ina Neumann


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