Eva ist 22 Jahre alt und studiert in Hamburg Umwelttechnik mit Schwerpunkt auf Erneuerbare Energien. Neben Fridays for Future arbeitet sie noch im AStA der Uni Hamburg im Referat Nachhaltigkeit und Ökologie.
Seit wann engagierst Du Dich für Umweltschutz?
Die Themen Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit begleiten mich schon sehr lange in meinem Leben. Nach dem Abitur habe ich angefangen, Umwelttechnik mit dem Schwerpunkt Erneuerbaren Energien zu studieren. Ich war vor Fridays for Future aber noch nie in einer Umwelt- oder Klimagerechtigkeitsbewegung aktiv. Nachdem ich Mitte 2019 anfing, regelmäßig zu den Demos zu gehen, habe ich am 1. September 2019 das erste Mal an einem Orga-Treffen teilgenommen und bin seitdem dauerhaft aktiv.
Was erhoffst Du Dir an konkreten Maßnahmen von der Politik?
Ganz grundlegend erhoffe ich mir, dass die klaren Fakten aus der Wissenschaft eine größere Auswirkung auf politische Entscheidungsprozesse bekommen. Neben dem IPCC gibt es etliche weitere Quellen zu den Veränderungen, die bereits heute spürbar sind. Anfang des Jahres hat Fridays for Future zudem eine Machbarkeitsstudie zum 1,5 ° Ziel am Wuppertal Institut in Auftrag gegeben. Sie zeigt, dass es zwar ambitioniert, aber eben technisch möglich ist, bis 2035 klimaneutral zu werden.
Die Bundesregierung muss die Subventionen für klimaschädliche Industrien stoppen und den Ausbau der Erneuerbaren fördern. Die Verantwortung für die Klimakrise darf nicht auf Einzelpersonen lasten. Wir brauchen ein System, das klimafreundliches Verhalten vor klimaschädliches Verhalten stellt!
Wie habt Ihr Euch während der Pandemie weiterhin für Eure Ziele stark gemacht?
Zu Beginn haben wir angefangen, jede Woche online zu streiken. Neben diversen online Veranstaltungsreihen wie Talk for Future haben wir am 24.04. mit über 200.000 Teilnehmenden (über alle Plattformen) die größte Online-Demo aller Zeiten auf die Beine gestellt. Im Sommer sind in einigen Städten Klimacamps entstanden. Also eine 24/7 Mahnwache, im Rahmen derer es z.B. in Hamburg regelmäßig Corona-konforme Bastelaktionen, Vorträge, Reden und kleine Konzerte gab.
Was ist Dein Herzensthema/Herzensprojekt?
Ich habe das Gefühl, für viele Leute ist das soziale Engagement im Klimagerechtigkeits- und Umweltschutzbereich nicht wirklich greifbar. Viele sehen nicht, wo sie dort teilhaben oder etwas bewegen können. Die Klimakrise ist aber eine gesamtgesellschaftliche Krise und schließt somit auch Themen wie Rassismus und Diskriminierung ein. Ich wünsche mir sehr, dass jede Person ihren Platz in dieser Bewegung findet. Ob das bedeutet, dass man Vollzeitaktivist*in wird, eine eigene Ortsgruppe gründet oder einfach ab und zu mal Flyer verteilt oder eine Aktion mitgestaltet, ist dabei irrelevant. Wir sind heute noch nicht so stark von der Klimakrise betroffen wie manch andere Länder, aber wir können alle mit dazu beitragen, dass sich etwas in der Politik verändert. Die absolute Dringlichkeit ist definitiv gegeben!
Die Pandemie hat die Klimakrise klar in den Hintergrund gerückt, nachdem sie in den Jahren 2018/2019 eines der meist diskutierten Themen war. Wie geht Fridays for Future damit um?
Ich glaube, es ist wichtig die Pandemie und die Klimakrise nicht gegeneinander aufzuwiegen. Dennoch wird gerade jetzt deutlich wie Krisenmanagement funktioniert, wenn eine Krise ernst genommen wird. Auf die Tatsache machen wir immer wieder aufmerksam, auch mit dem Spruch #FightEveryCrisis. Dennoch ist es wichtig, weiterhin Druck auszuüben, da in den letzten Monaten einige fatale Entscheidungen getroffen wurden, die – überlagert von Corona – nicht die nötige Aufmerksamkeit bekommen haben. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Rodung des Dannenröder Forsts und die Inbetriebnahme des neuen Steinkohlkraftwerks Datteln 4 im Mai dieses Jahres.
Wie empfindest Du das Bild, das Politiker*innen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den letzten Wochen und Monaten vermittelt haben: Junge Menschen sind rücksichtslos und Pandemietreiber?
Ich halte Pauschalisierungen i.d.R. für schwierig. Ich erlebe in meinem Umfeld überwiegend einen sehr verantwortungsbewussten Umgang mit der Pandemie. Während bei der Klimakrise oft der Fokus darauf liegt, dass die älteren Generationen unsere Zukunft nicht weiter verbauen sollen, wird der Spieß jetzt umgedreht. Die Wahrnehmung, wir wollen nur Party machen und keine Rücksicht nehmen ist sehr verzerrt.
Wie gehst Du mit deinem Ärger auf die Politik und Entscheidungsträger um?
Ich glaube, da kommen ganz oft viele Emotionen zusammen. Ich bin unfassbar dankbar für alle Menschen, die ich durch den Aktivismus kennenlernen durfte. Es hilft mir, viel darüber zu sprechen und gemeinsam seinen Frust abzulassen. Ich versuche mich aber mehr auf die positiven Dinge zu stützen und auf das, was wir wirklich erreichen können. Man muss aber gut auf sich selbst aufpassen, weil man sonst schnell im Unmut versinken kann. Eine gute Basis und ein unterstützendes Umfeld sind da sehr essenziell!
— Lena Roppes