Wie mir bewusst wurde, dass ich weiß bin.
Woher kommst du? Eigentlich eine einfache Frage. Wir stellen sie bei der KjG ständig und meinen damit in der Regel: Aus welcher Pfarrei oder Region kommst du? In sämtlichen Settings, in denen man sich kennenlernt bzw. vorstellt, gehört diese Frage einfach dazu. Ich antworte dann: Aus Köln. Ich könnte auch antworten, dass ich ursprünglich aus dem Saarland komme. Manchmal mache ich das auch. Wenn ich einfach nur sage „aus Köln“ ist das aber für alle ausreichend und wird nicht hinterfragt. Das ist meine Erfahrung,
die ich als weiße Person mache.
Die Erfahrung von People of Color (PoC) ist eine andere. Sie wissen, dass die Antwort „aus Köln“ auf die Frage nach ihrer Herkunft vermutlich nicht ausreichen wird. Dass ich diese Befürchtung nicht haben muss, dass mich Leute nicht fragen „aber woher kommst du denn eigentlich?“, dass mir nicht irgendwie unterstellt wird, dass ich keine „richtige“ Deutsche sein kann, das ist mein Privileg als weiße Person.
Es ist noch nicht besonders lange her, dass ich mein Weiß-sein entdeckt habe. Vor gut drei Jahren war ich bei einer Fortbildung zum Anti-Bias-Ansatz dabei, der sich mit verschiedenen Formen von Diskriminierung im Kontext von Machtverhältnissen auseinandersetzt. Eine Aufgabe war es, sich selbst zu beschreiben, Dinge zu nennen, die einen ausmachen bzw. Gruppen, zu denen man sich zählt. Meine Hautfarbe habe ich dabei nicht aufgeschrieben, weil sie für mich eben noch nie eine Rolle gespielt hat. Mit meiner Hautfarbe gehöre ich in Deutschland zur Mehrheit, ich entspreche dem, was als „normal“ angesehen wird, ich erfahre keine Nachteile oder werde diesbezüglich diskriminiert. Wenn Hautfarbe für dich kein Thema ist, bist du vermutlich weiß.
Die Privilegien, die man als weiße Person hat, sind schwer zu fassen. Man nimmt sie selbst nicht wirklich wahr, profitiert aber davon. Wenn PoC auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt diskriminiert werden, sind die Chancen für mich als weiße Person automatisch höher. Sich einzugestehen, dass man diese Vorteile hat und einen Nutzen daraus zieht, ist nicht leicht. Es ist aber wichtig, um mehr Gleichberechtigung zu erreichen und sich mit den eigenen Privilegien auch bewusst dafür einzusetzen.
— Ramona Krämer