Schwerpunkt

Aus der Ferne und zurück

Wieso zieht es viele von uns eigentlich in die Ferne? Und wieso kommen die meisten doch wieder zurück?

Mich hat es mit 16 das erste Mal in die Ferne gezogen. Sowas kann ja, gerade in dem Alter, ganz unterschiedliche Gründe haben. Ich zitiere aus meinem damaligen Bewerbungsschreiben für die Gastfamilie: „ … Also a certain distance to my family and my brother would do me good.“ Hatte ich Fernweh oder wollte ich Abstand gewinnen? Beides? Pubertät?

Für neun Monate ging es nach Neuseeland und nach einem zweiten längeren Aufenthalt dort, mit 19, habe ich durchaus eine Art Heimatgefühl für diese Insel(n) auf der anderen Seite der Welt entwickelt. Dort geblieben, bin ich dann aber doch nicht. Besonders bei meinem ersten Aufenthalt sind mir die Unterschiede zu Deutschland schnell aufgefallen. Schuluniform, Weißbrot und ein Leben ohne Sprudelwasser. Man gewöhnt sich an alles, wenn man nur lange genug dort ist, oder? Zurück in Deutschland habe ich das erste Brot vom Bäcker, die eigenen Klamotten im Schulalltag und ein erfrischendes Sprudelwasser dann aber doch sehr wertgeschätzt. Auch das Wiedersehen mit Familie und Freunden, war nach – angestrebten und gewonnenen – Abstand umso schöner.

Aktuell bin ich, als Student in Skandinavien, so könnte man sagen, auf der Suche nach meiner dritten Heimat. Und auch dieses Mal sind die Unterschiede offensichtlich und zahlreich. Bloß Februar anstatt Karneval, Schnee noch im April anstatt Halbjahres-Herbstwetter, hin und wieder auftretender Kölschdurst, der nicht gestillt werden kann und viele neue Dinge mehr.

Seit meiner ersten längeren Auslandsreise sind gute zehn Jahre vergangen. Und während ich für Sprudelwasser, Kölsch, Karneval und vernünftiges Brot Alternativen in der Ferne gefunden habe, ist ein anderer, grundlegender Teil von Heimat für mich nicht so einfach ersetzbar: So sind es die engen und jahrelangen Freundschaften und die Familie, die mich zu langen Reisen in meine erste Heimat bewegen. Heimat ist Freundschaft. Heimat ist Familie. Mit dieser persönlichen Erkenntnis frage ich mich und dich: Braucht es Zeit in der Ferne, um Heimat zu finden? Und was braucht eine Heimat in der Ferne?

Kennst du deine Heimat? Schätze deine Heimat!

— Simon Dittrich

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Stalking

Unheimliche Schatten Briefe, Anrufe, Nachrichten per Messenger. Schritte, Blicke und das Gefühl, nicht allein zu ...

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